Puerto Aguirre — Seno Morras

15.6. Mi. Wie schon im letzten Bericht erläutert, ging es heute weiter in Richtung Puerto Cisnes, in welcher Bucht wir letztendlich ankern werden, hängt davon ab wieviele Seemeilen wir heute schaffen. Um 9 Uhr lösten wir unsere Landleinen und starteten die Motoren, diesmal sprang mein Backbordmotor schlecht an, es kamen dicke schwarze Rauchwolken aus dem Auspuff, doch nach etwa einer Minute lies der Qualm nach und nach einer weiteren Minute war der Rauch weg. Da der Motor rund lief und auch nicht mehr aus dem Auspuff qualmte, machten wir uns in Richtung Puerto Cisnes auf die Socken. Von Aguirre mussten wir noch einmal 15 sm durch das riesige Wasserbecken an mehreren Inseln vorbei, zurücklegen, bis wir in den Kanal Puyuguapi kamen. Da Morgen starker Wind vorhergesagt war und der Ankerplatz in Puerto Cisnes nicht windgeschützt war, mussten wir vorher eine geschützte Ankerbucht finden. Auf unserer Fahrstrecke durch den Kanal bis Puerto Cisnes gab es laut der Patagonienbibel „Patagonia & Tierra del Fuego“, drei mögliche Ankerbuchten, wir entschieden uns für die „Seno Morras“, die nur 10sm von Puerto Cisnes entfernt lag. Die Ufer des Puyuguapi waren dicht mit saftig grünen Bäumen bewachsen über die große Dunstwolken von Nebel lagen, ein beeindruckendes Bild! Fast 20 sm durften wir diese eindrucksvolle Atmosphäre bewundern, bis wir in die Nebelschwaden liegende Seno Morras eintauchten und unsere Anker nach 38 sm um 17 Uhr in den sandigem Grund fallen ließen. Natürlich begossen wir unsere Ankunft mit dem traditionellen Ankerbier auf der Que Mas. Leider konnte ich der Bitte von Res, heute Abend doch noch einen Filmabend zu machen, nicht nachkommen weil ich in der letzen Nacht schlecht geschlafen hatte und nach der fast achtstündigen Tour hundemüde war. Auf die Schnelle haute ich mir einen Teller Spaghetti in den Magen und fiel danach wie tot in meine Koje.
16.6. Do. Die Que Mas hatte nachts in der Seno Morras ruhig gelegen und so konnte ich mein Schlafdefizit wieder einigermaßen ausgleichen. Gut ausgeschlafen sendete ich nach einem ausgiebigen Frühstück den neuesten Törnbericht über das Satellitentelefon auf meine Webseite. Eigentlich wollte die Mon Bijou-Besatzung am Nachmittag schon fast traditionell gegen 15 Uhr vorbeikommen, doch gegen 14 Uhr sah ich wie ein vermeintlicher Fischer mit seinem Boot zur Mon Bijou gerudert kam und sich mit Tommi, der auf dem Deck stand, unterhielt, kurzerhand bat Tommi den Fischer an Bord. Da die Schweizer jetzt Besuch hatten, konnten Sie nicht wie geplant zu mir rüber kommen, stattdessen fuhr ich zur Mon Bijou wo ich festellen musste, dass der vermeintliche Fischer eine ältere Frau war. Ihr Name war Blanca und Sie hatte ihre ganz eigene Geschichte. Sie war die Tochter von dem Spanier Senor Morras und seiner deutschen Frau Senora Rathgeber, er hatte Chile schon als Kind kennen und lieben gelernt, im Jahre 1964 kam er zurück nach Chile um in einer Landwirtschaftsschule von Puerto Cisnes spanisch zu unterrichten und ab 1965 zog er auf die Insel Magdalena, die seitdem die Heimat seiner Tochter Blanca wurde. Am späten Nachmittag fuhr Blanca mit uns zu ihrem kleinen Holzhäuschen rüber und zeigte uns wie Sie auf „ihrer Insel”, dem Nationalpark Magdalenas, mit einem Hund, einem kleinen Kätzchen, 3 Schafen und einem Ziegenbock unter einfachsten Verhältnissen lebte. Sie lud uns in ihrem kleinen Holzhäuschen mit Solarlicht und einem kleinen Holzofen zum Tee und Kaffee ein und erläuterte uns anhand von Dokumenten und Fotos ihre Lebensgeschichte. Da die Schweizer mit mir heute Abend sowieso gemeinsam auf der Que Mas essen wollten, luden wir kurzerhand Blanca zu unserem Abendessen ein. Noch bevor es Dunkel wurde, fuhr ich zuerst Res und Tommi mit dem Dingi zu ihrem Schiff, als ich danach Blanca vom Strand abholen wollte und Sie in mein Dingi stieg, kam plötzlich aus einem Gebüsch ihr Ziegenbock und wollte auch mit, er stand schon mit seinen Vorderbeinen auf dem Dingi, nur im letzten Moment konnte ich den Sprung von dem Bock in mein Dingi verhindern. Als wir ihn am Strand zurückließen jaulte er herzzerreißend wie ein verlassenes Kind. Später erklärte uns Blanca, dass der Bock ab und zu mit ihrem Ruderboot mitfahren dürfte und das der Grund war, warum der Ziegenbock in mein Dingi springen wollte. Natürlich war der Sprung des Ziegenbocks das Highlight des Tages, aber auch das gemeinsame Abendessen mit Blanca, es gab Spaghettis mit der guten roten Soße von Res, war sehr unterhaltsam, weil Blanca uns viel über diese Region erzählen konnte. Nach einem sehr schönen Abend mit einer beeindruckenden Frau, man muss schon ganz schön taff sein um hier ganz alleine leben zu können, wurde Blanca gegen 21 Uhr von Res und Tommi zum Strand zurück gerudert und für uns endete ein wunderbar abwechslungsreicher Tag.
17.6. Fr. Für heute hatten wir uns noch einmal mit Blanca verabredet, gegen Mittag fuhren wir zu ihrem Häuschen herüber. Blanca wollte mit uns die Führung durch den Wald machen, die normalerweise ihr Sohn Nicolas mit Touristen im Sommer macht. Sie führte uns auf von Kühen ausgetretenen Pfaden in den Wald, wo riesige alte, mit Farnen und Lianen bewachsene Bäume standen. Durch das feuchte Klima und dem Vulkangestein entstand hier auf der Isla Magdalena eine ganz spezielle Fauna. Blanca erläuterte uns alle möglichen Pflanzen in dem Wald und ging mit uns weiter zur Nachbarbucht, von wo raus man auf den Puyuguapi sehen konnte. Nach etwa einer Stunde endete die Wanderung an der Hütte von Blanca, in der wir von Blanca mit Rührei und Kaffee und Kuchen bewirtet wurden. Zum Abschied gab uns Blanca unsere Gästebücher, die wir ihr gestern mit der Bitte für einen Eintrag gegeben hatten, mit einem selbstbestrickten Schmetterling und einer kleinen selbstgestrickten Mützchen zurück. Vielen, vielen Dank Blanca, es waren wundervolle 2 Tage bei dir auf der Isla Magdalenas.

Dieser Beitrag wurde unter Unkategorisiert veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.

2 Antworten zu Puerto Aguirre — Seno Morras

  1. Blanca sagt:

    Solo Tom que mi padre es español pero llego muy niño a Chile y en 1964 llego a Puerto Cisnes como profesor de castellano a la escuela Agricola y a partir del 65 la isla se convirtio en mi hogar (Heim)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert